Prof. Dr. Helga Schultz Wirtschafts- und Sozialhistorikerin

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Katharina von Brandenburg - zweite Gemahlin Gábor Bethlens

Während der unheilvollen Zeiten des Dreißigjährigen Krieges traten Brandenburg und Siebenbürgen für einen historisch kurzen Moment in direkte Beziehung. Dies geschah durch die Eheschließung des Fürsten Gábor Bethlen mit der Hohenzollern-Prinzessin Katharina.

Katharina hat in der preußisch-deutschen Geschichtsschreibung kaum eine Spur hinterlassen, ein einziger größerer Aufsatz, dessen Autor eine sehr gerechte und warmherzige Schilderung Bethlens gibt, beschäftigt sich mit der diplomatischen Vorgeschichte der Heirat.[1] Ihr weiteres Leben bleibt in der deutschsprachigen Literatur dunkel. Hat dies vielleicht etwas mit der höchst problematischen, ja skandalösen Rolle zu tun, die Katharina am siebenbürgischen Hofe spielte? Für den Historiker ist es eine recht reizvolle Aufgabe, mehr Licht in Leben und Persönlichkeit der schönen Brandenburgerin zu bringen, da die Interessen der großen Mächte während des europäischen Krieges vielfach berührt werden. Diese Aufgabe ist jedoch erst zu lösen, wenn die reichhaltigen Bestände des brandenburgisch-preußischen Hausarchivs zugänglich sind, die sich gegenwärtig im Zentralen Staatsarchiv in Merseburg in einem langwierigen Ordnungsprozess befinden.

Katharina wurde als eines von sechs Kindern, als die zweitjüngste von vier Töchtern des späteren Kurfürsten von Brandenburg Johann Sigismund und seiner Gemahlin Anna am 28. Mai 1602 in Königsberg geboren. Ihre Mutter war eine Tochter des kranken Albrecht II. von Preußen, in dessen Herzogtum die brandenburgischen Kurfürsten seit 1605 als Administratoren regierten. 1611 wurde Katharinas Vater Johann Sigismund vom polnischen König mit dem Herzogtum Preußen belehnt. Katharina war mit Mutter und Geschwistern häufig bei den Großeltern in der weltoffenen Hafen- und Handelsstadt Königsberg zu Besuch, die alle brandenburgischen Städte an Reichtum und Leben entschieden übertraf.[2] Überwiegend wuchs sie in dem düsteren Schloss in Cölln an der Spree auf. Kurbrandenburg war unter den deutschen Territorien damals noch eines der ärmeren, es war relativ dünn besiedelt und hatte kaum nennenswertes Gewerbe, bis es zu Beginn des 17. Jahrhunderts mit dem Erwerb des Herzogtums Preußen seine Ausdehnung nahezu verdoppelte und mit Kleve, Mark und Ravensberg etwas Textil- und Metallproduktion an sich brachte. Doch auch diese Erwerbungen erhoben Kurbrandenburg nicht in den Rang einer Großmacht. Es spielte vorerst nur eine sehr bescheidene Rolle unter den europäischen Mächten.[3]

Für die achtzehnjährige Katharina war es daher sicher ein besonderes Erlebnis, für längere Zeit am schwedischen Hof in Stockholm zu Gast zu sein. Ihre Schwester Marie Eleonore hatte im Jahre 1620 den Schwedenkönig Gustav Adolf geheiratet, und Katharina fuhr bald darauf, im Oktober 1620, gemeinsam mit ihrer Mutter Anna nach Stockholm.[4] Der jungen Prinzessin gefiel es dort so gut, dass sie mehr als zwei Jahre blieb. Sie erregte indessen den Unmut ihres Bruders Georg Wilhelm, der inzwischen Kurfürst von Brandenburg war, weil sei leichtsinnig Schulden machte. Der Kurfürst bezahlte zwar Katharinas Schulden bei einem schwedischen Adligen, er lehnte es aber ab, mehrere hundert Taler Krämerschulden zu begleichen.[5] In Berlin betrieb man nun die Heirat der lebenslustigen Prinzessin. Zuerst war im Jahre 1623 der russische Großfürst Nikolaus als Bräutigam im Gespräch, doch die Verbindung zerschlug sich.[6]

Bald darauf spann man verschiedenen Orts diplomatische Fäden, um Katharina als zweite Gemahlin des Fürsten Gábor Bethlen nach Siebenbürgen zu verheiraten. Am eifrigsten setzte sich die Partei des Kurfürsten Friedrich von der Pfalz, des böhmischen „Winterkönigs“, für diesen Plan ein. Man schmiedete damals gerade die Haager Koalition, in der alle protestantischen Mächte gegen die habsburgische Partei zusammen geschlossen werden sollten, und die pfälzische Partei hoffte, durch eine solche Ehe Siebenbürgen fester an die Sache der protestantischen deutschen Fürsten zu binden und es endgültig zu bewegen, der Haager Koalition beizutreten.[7] So wirkte schon seit dem Jahre 1624 in Berlin die Gemahlin des Kurfürsten, eine Schwester des „Winterkönigs“ Friedrich von der Pfalz, für diese Verbindung. Und gleichzeitig suchte am siebenbürgischen Hofe Volmar von Fahrensbach im Auftrage der Pfalzgräfin den Fürsten Bethlen für die brandenburgische Prinzessin einzunehmen.[8] Auch König Gustav Adolf von Schweden unterstützte den Heiratsplan, denn er hoffte so die militärische Hilfe Bethlens gegen Polen zu gewinnen und wollte auch endlich den zaudernden Kurfürsten Georg Wilhelm zur klaren Parteinahme gegen den Kaiser zwingen.[9]

Vorerst kam diese Ehe jedoch nicht zustande, denn die unmittelbar Beteiligten hatten erhebliche Gegengründe. Georg Wilhelm war schon bei der Verheiratung seiner Schwester Marie Eleonore nach Schweden, die gegen seinen Willen auf Betreiben der Mutter Anna zustande kam, in ernste Konflikte mit seinem polnischen Lehnsherrn geraten. Er musste fürchten, seine ostpreußische Herrschaft zu gefährden, ja in kriegerische Auseinandersetzungen mit dem mächtigen Nachbarn zu geraten, wenn er Brandenburgs Gegensatz zum habsburgischkatholischen Lager durch verwandtschaftliche Bande zum potenziellen Feind des Kaisers und Polens, dem calvinistischen Fürsten von Siebenbürgen, befestigte. Vorsichtige Kontakte, die Kurfürst Georg Wilhelm deshalb schon im Oktober 1624 über den polnischen Gesandten mit König Sigismund III. anknüpfte, lösten sehr unfreundliche Reaktionen von Seiten Polens aus.[10]

Grund zum Zögern hatte auch Gábor Bethlen. Nachdem ihm die protestantischen Mächte ihre Unterstützung bei der Eroberung des habsburgischen Ungarn verweigert hatten, suchte er den Kompromiss mit dem Kaiser und schloss 1624 den zweiten Wiener Frieden, um die Unabhängigkeit Siebenbürgens und seine Herrschaft über sieben ungarische Komitate zu behaupten.[11] Dieses Einvernehmen wollte Bethlen durch Familienbande befestigen. Deshalb schickte er wohl noch im Jahre 1624 seinen Kanzler Kamuthy nach Wien, um die Hand einer der Töchter des Kaisers zu erbitten. Ferdinand knüpfte an die Eheschließung mit der weder schönen noch jungen Erzherzogin Maria Anna jedoch einen zu hohen Preis. Er verlangte, dass der Fürst und ganz Siebenbürgen katholisch würden und dass Bethlen das ganze Land seiner Gemahlin als Erbgut, das heißt dem österreichischen Staate als Provinz hinterließe.[12] Im folgenden Jahr warb Bethlen noch einmal um Kaiser Ferdinands jüngere Tochter Cäcilia Renata. Er soll aber seinen Brautwerbern gleich den Auftrag gegeben haben, im Falle der Abweisung nach Berlin weiterzureisen und um die Markgräfin Katharina anzuhalten.[13]

Dies geschah. Am 25. Juni 1625 schrieb Fürst Bethlen einen Brief an den Kurfürsten Georg Wilhelm, in dem er seine Absicht darlegte, und am 16. September 1625 gab Katharina der siebenbürgischen Gesandtschaft ihr Ja-Wort. [14] Sie hat sicher vor allem dem Drängen ihrer Schwägerin, der pfälzischen Gattin des Kurfürsten, nachgegeben, als sie einwilligte, die Gemahlin des mehr als zwanzig Jahre älteren, ihr ganz unbekannten Fürsten im fernen Siebenbürgen zu werden.

Noch im selben Jahr wurde der Ehekontrakt von den brandenburgischen Räten Johann von Kospoth und Friedrich von Götze und siebenbürgischerseits von Weichard Scultetus und Bethlens Neffen Peter unterzeichnet. Der Fürst bestimmte darin seine Gattin zur Nachfolgerin, schenkte ihr als Leibgedinge die Burgen Forgaras (Foqaras) und Moncacz (Munkács) und setzte ihr eine reichliche Apanage aus.[15] Bethlen und Katharina verzichteten gleichzeitig für sich und ihre Nachkommen auf alle Erbansprüche an die Mark Brandenburg bis auf den Fall des völligen Aussterbens der Hohenzollern.[16]

Mit großem Gefolge, in Begleitung des kurfürstlichen Rats Schwartzenberg, der damals die brandenburgische Politik leitete, reiste Katharina nach Kassa (Kaschau, Kosiče), wo am 28. Februar 1626 die Hochzeit prachtvoll gefeiert wurde.[17] Neben vielen anderen europäischen Monarchen sandten die mächtigen Schutzherrn und Gegenspieler Siebenbürgens, der Kaiser und der türkische Sultan, Vertreter und Geschenke.

Diese Heirat erfüllte kaum eine der politischen Hoffnungen und Befürchtungen, die an sie geknüpft waren. Kurfürst Georg Wilhelm hatte sich vor der Hochzeit von Bethlen des schriftliche Versprechen geben lassen, dass er die brandenburgisch-preußischen Länder mit bewaffneter Hand schützen werde, wenn sie wegen dieser Heirat von irgendeiner Seite angegriffen werden sollten. [18] Dieser Fall trat nicht ein. Der polnische König fand sich mit der siebenbürgischen Hochzeit der Hohenzollernprinzessin ebenso ab, wie der Kaiser, der nach Droysens Bericht meinte, er müsse es sich wohl oder übel gefallen lassen; und ob er wohl wisse, dass der Kurfürst ihm nicht geneigt sei, fürchte er sich doch nicht vor ihm.[19] Ferdinand brauchte in der Tat eine vereinte antihabsburgische Politik Brandenburgs und Siebenbürgens um so weniger zu fürchten, als Georg Wilhelm schon im Dezember 1625 seinen Beitritt zur Haager Koalition endgültig verweigert hatte. Als die kaiserlichen Truppen durch die Mark zogen und sein schwedischer Schwager in den ostpreußischen Häfen landete, wechselte der Kurfürst sogar von einer schlappen Neutralitätspolitik zu einem halbherzigen Bündnis mit den Habsburgern. Gebauer urteilt über die Situation Kurbrandenburgs während der Krise des Jahres 1627: „Wenige deutsche Territorien von einiger Bedeutung haben während dieses Zeitraums eine derart schwierige Position innegehabt wie gerade Brandenburg, vor allem weil keines einen Fürsten von der Schwäche Georg Wilhelms an seiner Spitze fand. Ein unzuverlässiger Bundesgenosse und ein energieloser Feind wurde die Mark schließlich von allen verachtet, und damit zu einer Rolle herabgewürdigt, deren sich manch kleinerer Staat doch noch glücklich erwehrt hat.“[20]

Auf dem Gipfelpunkt der Krise sandte der Kurfürst am 16. Juli 1627 einen hilfesuchenden Brief an seine Schwester Katharina, in dem er bat, Bethlen möge ihm gegen die Könige von Schweden und Dänemark beistehen, die in Preußen bzw. in der Kurmark hausten.[21] Bethlen kam dieser Bitte nicht nach. Er wollte die Kräfte seines Lands nicht vergeuden und dessen labile Position zwischen Habsburg und dem Osmanenreich nicht gefährden, indem er die Kämpfe der deutschen Fürsten ausfocht. Nachdem er die Truppen Wallensteins zum Rückzug aus Ungarn gezwungen hatte, griff er nicht mehr in den Kriegsverlauf ein und widmete sich dem Aufbau Siebenbürgens.[22]

Die Geschicke Katharinas von Brandenburg als Fürstin von Siebenbürgen finden in dem relativ dichten Briefwechsel mit ihrem Bruder Georg Wilhelm Niederschlag, allerdings ist dieser Briefwechsel zur Zeit nur bruchstückhaft zu benutzen. Die Bruchstücke vermitteln das Bild einer nicht sehr klugen, jedenfalls keineswegs politisch einsichtigen Frau, die jedoch hochfliegenden Ehrgeiz und einen leichten Sinn hatte. Sie fand sich in der fremden Umgebung offenbar gut zurecht, von Heimweh ist in den Briefen nicht die Rede, und sie soll auch das Ungarische passabel erlernt haben. Am Ende aber brachte sie weder ihrem Gatten noch dem Lande Glück, dessen Regentin sie geworden war.

Gábor Bethlen ließ entsprechend den Festlegungen des Ehevertrages seine Gemahlin von den Ständen zur vollberechtigten Nachfolgerin auf dem siebenbürgischen Fürstenthron erklären. Am 16. Juni 1626 teilte er dem Kurfürsten mit, das dieser Schritt vollzogen sei.[23] Dessen ungeachtet kreisten Katharinas Sorgen und Gedanken, soweit sie sie ihrem Bruder schrieb, weiterhin um diese „Successionsfrage“.

Am 10. Juli 1627 bat sie ihren Bruder, Paul Staßburg gewissermaßen zum brandenburgischen Residenten in Siebenbürgen zu ernennen, denn „alß bitt ich E L (Euer Liebden) wolen mir den briderlichen gefalen Erweihsen und ihm befel und Comission geben Das Er alß an statt E L mir hir in vorfalenden sachen dint Den E L dencken selber das ich Da mich gott vor behitten vol künftiger Zeitt die regürung das ganzen landes auff mich nemen muß und itziger Zeitt keinen hette Der Die gelegenheitt das landes wissentt ist...“[24]

Im Herbst des selben Jahres reist denn auch Paul Straßburg mit einem langen, wohlgesetzten und also nicht eigenhändig von Katharina verfassten Schreiben an die Höfe von Berlin und Stockholm, um dort zu beraten, „durch waß mittel und wege Sie (Katharina) sich in Siebenbürgen je mehr und mehr stabiliren, der besagten Fürstlichen Regierung und succession, aller orten auff das möglichst versichern, auch in eventum habendes zu Spruch, und wolbefreytes Recht, zur Würcklichkeit bringen möchten.“[25] Sie bittet darin, ihr Bruder möge auf Bethlen einwirken, dass er ihr schon zu seinen Lebzeiten die Burgen Großwardein, Deva und Huszt und die beiden Burgen des Leibgedinges mit tüchtiger Garnison versehen direkt unterstelle, damit sie sich im Falle des Thronwechsels behaupten könne. Ferner wird ausführlich die innen- und außenpolitische Lage des Landes dargelegt und sein Reichtum, der namentlich in der großen Steuerkraft des Landes und der Städte und in den (Queck-)Silbervorkommen bestehe, hervorgehoben. Da als mögliche Widersacher der Fürstin im Kampf um die Machtergreifung Bethlens Bruder István und dessen Familie genannt werden, ist es wahrscheinlich, dass Katharina schon zu diesem Zeitpunkt unter den Einfluss einer siebenbürgischen Adelsopposition geriet, in der aber noch die protestantischen Kräfte dominierten, die ihre Ziele nicht mit Hilfe der habsburgischen Koalition zu erreichen suchten.

Der Kurfürst versicherte seiner Schwester am 2. November erst einmal, dass er über die Mittel nachdenken wolle, ihre Stellung am siebenbürgischen Hofe zu befestigen; am 3. Mai des folgenden Jahres rät er ihr ernstlich von den vorgeschlagenen Maßnahmen ab und meint richtig, in der Successionsangelegenheit könne ihr wohl ihr Gatte dienlicher sein.[26] Das zum Kriegsschauplatz gewordene Kurbrandenburg konnte sich nicht auch noch in Differenzen mit dem siebenbürgischen Schwager einlassen. Ähnlich zurückhaltend reagierte Gustav Adolf von Schweden, der aber offenbar Paul Straßburg als seinen Residenten nach Siebenbürgen zurückschickte. Dessen Mission fiel aber nicht zur Zufriedenheit der Fürstin aus, denn sie beklagt sich am 30. März 1628 bei ihrem Bruder: „... wie das vor Ettlichen undgefer 5 Monatt allhir auff mein begeren an ihe konigklich wirde in Schweden Der Straßburg angelangett ist weß ich über alle maß Erfreiwett geweßen bin weil ich vor mitt Er mein sachen alle in richtikeitt bringen und Ein guttes außgen der selben vorrichten weil ich aber sehe das Er solches nitt allein im vorigen Zustantt hatt vorbleiben lassen sonder sich iber Das alles untterstanden Etlich Pershonen ... bei mein Herren zu verleimden Sondern sich auch untterstanden mich in Solchen Handel zu mischen...“[27]

Katharinas Stellung am siebenbürgischen Hof war offenbar schon zu diesem Zeitpunkt schwierig und wurde immer unhaltbarer. Am 19. August des Jahres 1629, als Gábor Bethlen schon schwer krank war, schrieb Katharina einen Brief an den Kurfürsten, der keinesfalls vom Schmerz einer liebenden Ehefrau zeugte. Sie klagte, dass sie angesichts des nahenden Todes ihres Gatten befürchtete, die Designation als Landesfürstin sei ein „betruuk“ gewesen, „und dass man dem bettlahmischen Geschleicht mehr als mir und meinem Hauße zum besten gethan.“ Bethlens Bruder István, der Gubernator des Landes, habe ihr einen neuen schriftlichen Eid abverlangt, obwohl sie niemals gegen ihren Eidschwur gedacht oder gehandelt habe. Sie befürchtete, dass Fürst Bethlen in seinem kürzlich gemachten Testament für sie Ungünstiges bestimmt hätte. Sie bat ihren Bruder sogar um einen Gesandten, der den Inhalt des Testaments auskundschaften sollte. Wenn sie nicht regierende Fürstin von Siebenbürgen würde, wollte sie nach Brandenburg zurückkehren. Georg Wilhelm möchte ihr schon einen Passierschein des Königs von Polen für die Rückreise besorgen.[28]

Der Kurfürst antwortete seiner Schwester erst im November, dass er keinen Gesandten schicke, da er keinen Mann entbehren könne. Gleichzeitig legte er den Geleitbrief des polnischen Königs bei.[29] In der Zwischenzeit hatte er Relationen über Katharinas Rolle am siebenbürgischen Hofe eingeholt, die allerdings bedenklich waren. Am 14. September teilten die Räte ihm Nachrichten aus Wien mit, die bezeugten, dass Katharina sich zum Papsttum hinwendete und ihr ganzer Hofstaat unter papistischen Einfluss geraten wäre.[30] Am 18. Oktober wurde ausführlich auch über die Testamentsangelegenheit und die leidigen, von Katharina in ihren Briefen immer wieder klagend vorgebrachten Geldfragen berichtet. Der Fürst habe seine Gemahlin im Testament richtig bedacht, ihr viele tausend Dukaten vermacht, die der Gubernator und der Schatzmeister allerdings noch unter Verschluss hielten. Allerdings hätte der Fürst ihr zwei Magnaten zu Mitregenten bestimmt: seinen Bruder István Bethlen und György Rákóczy. Da im Land laut geworden sei, dass die Fürstin zum Katholizismus neige, hätten die Stände zu Recht den neuen Eidschwur auf die Evangelische Religion verlangt. Mit knapper Not sei man dem Übertritt Katharinas entgangen.[31]

Die Nachrichten sprachen ebenso sehr für die Großzügigkeit und unbedingte Redlichkeit des Fürsten seiner Gemahlin gegenüber wie für seine berechtigte Sorge um das Schicksal des Landes unter ihrer künftigen Regierung, die sich in der Ernennung von Mitregenten manifestierte. Tatsächlich war Katharina unter den Einfluss einer katholischen, prohabsburgischen Adelspartei geraten, der außer Hieronymus von Zieroty neben anderen István Csáky und Zsigmond Kornis angehörten.[32] Am 7. Oktober 1629 sandte Katharina Zsigmond Kornis als ihren „über die Maßen großen und getreuen Freund“ mit einem Schreiben nach Berlin. In diesem Schreiben schrieb sie unverhüllt von ihrem Einvernehmen mit den Habsburgern. Der Kaiser habe ihr sogar die Zusage erteilt, dass die sieben ungarischen Komitate, die Gábor Bethlen auf Lebenszeit verliehen waren, auch ihr erhalten bleiben sollten, solange sie „leben und des (habsburgischen) hauses bestes suche.“[33]

Solche politische Skrupellosigkeit, die Religions- und Parteiwechsel nicht scheute, wenn damit nur ein Machtgewinn verbunden schien, war keineswegs nur Katharinas Leichtfertigkeit und schrankenlosem Ehrgeiz zuzuschreiben. Solche Haltung war an den Fürstenhöfen der Zeit verbreitet und insbesondere auch dem kurbrandenburgischen nicht fremd. Katharinas Vater, Kurfürst Johann Sigismund, war 1613 zum Calvinismus übergetreten, um die jülich-klevesche Erbschaft zu erlangen. Kurfürst Georg Wilhelm hatte 1627 unter dem Einfluss des katholischen Rates Schwartzenberg die protestantische Union verlassen und sich der habsburgischen Partei angeschlossen und stand nun im Begriff, einen erneuten Frontwechsel zu vollziehen. Aber der Kurfürst hatte keineswegs Neigung und Möglichkeiten, sich in die Kabalen und Auseinandersetzungen am Hofe seiner Schwester Katharina zu mischen. Er hatte offenkundig hohen Respekt vor der Persönlichkeit, dem politischen und militärischen Genie Bethlens. Dem verlieh er nach dem Tod des Fürsten in seinem Beileidsschreiben an die Schwester Ausdruck: Fürst Gábor Bethlen habe sich ausgezeichnet durch „so hohes fürstliches renommeé, Ehre, Ruhm, dero gedächtnis wohl nimmer erlöschen wird.“[34] Da er selbst wegen der Kriegswirren nicht an den Trauerfeierlichkeiten teilnehmen konnte, sandte er am Weihnachtstag 1629 den Kammerjunker Ludolf von Stechow nach Siebenbürgen ab.[35]

Die siebenbürgischen Stände vollzogen den Willen ihres verstorbenen Fürsten und wählten Katharina zu dessen Nachfolgerin. Aber die Brandenburgerin geriet nun völlig unter den Einfluss prohabsburgischer Günstlinge und katholischer Magnaten. In weniger als einem Jahr brachte sie das Fürstentum in äußerste Gefahr, die von Gábor Bethlen mühsam errungene und behauptete Unabhängigkeit zwischen Wien und der Pforte zu verlieren. Das Volk sang Spottlieder auf Katharina und ihre Liebhaber. Eines ist in der Schäßburger Chronik überliefert:

An Katharina:
Du wirst dich selber täuschen, o Dame Katharina,
Wegwerfen deinen Schatz, der gar nicht dir zum Frommen.
Dein Buhle dir gewesen, wird an dir zum Verräter,
und Csákys wegen wirst du Linnenkleider tragen.

An Csáky:
Und dir, wie sagt sie zu, die Haushofmeisterschaft?
Verwahr nur das entlockte Geld, denn Anderer ist das Reich:
Herunter mehr und mehr gestiegen, wird er Kutscher noch,
doch weicht Gott nicht von ihm, Vorreiter wirst du noch. [36]

Auch die Bürger der sächsischen Städte, die vier Jahre zuvor die deutsche Braut ihres Fürsten freudig begrüßt hatten, waren nun zutiefst empört über deren Lebenswandel und Politik, wie die Chronik des Schäßburger Stadtschreibers Georg Kraus zeigt.

Die protestantischen Stände Siebenbürgens verteidigten gemeinsam mit den Heiducken das Vermächtnis Gábor Bethlens. Sie trieben das Heer des Palatins Miklós Esterházy aus dem Lande, setzten Katharina ab und wählten Anfang November 1630 György Rákóczy zum Fürsten. Katharina musste nun eilig das Land verlassen. Der Chronist Georg Kraus gab wohl im Volk umlaufende Gerüchte von ihrem baldigen schmachvollen Ende wider, wenn er schrieb, dass sie einen sächsischen Prinzen ohne Land geheiratet habe, der in Wien und Hamburg ihr Gut verspielte und sie schon im Jahre 1631 umbrachte. In Wahrheit heiratete Katharina erst 1639 den Herzog Franz Carl von Sachsen-Lauenburg, nachdem sich ein polnisches Eheprojekt zerschlagen hatte.[37] Am 31. Januar 1644 starb sie in Schöningen.[38]

Es war leider unmöglich, hier ein freundlicheres Bild der brandenburgischen Prinzessin auf dem siebenbürgischen Thron zu zeichnen. Doch die Beziehungen der Monarchen und Dynastien zu dieser Zeit stehen nicht für die Beziehungen der Völker, denn nur selten waren die Taten eines Fürsten so eng mit den Interessen seines Landes und Volkes verbunden, wie die des Gábor Bethlen mit dem ungarischen Volk und Siebenbürgen.

  1. Krüner, Friedrich: Bethlen Gábor, Fürst von Siebenbürgen, in: Historische Zeitschrift, 58. Bd., 1887, S. 1-37.
  2. Scheller, Rita: Die Frau am preußischen Herzogshof (1550 - 1625), Köln/W-Berlin, 1966 (= Studien zur Geschichte Preußens, Bd. 13), S. 173.
  3. Vogler, Günter/Vetter, Klaus: Preußen. Von den Anfängen bis zur Reichsgründung, 3. durchges. Aufl., Berlin 1974, S. 26-34.
  4. Zentrales Staatsarchiv Merseburg, Hausarchiv, Rep. 33, Nr. W 76, Nr. 9, Georg Wilhelm an Katharina, Berlin, 12. Okt. 1620.
  5. Ebenda, Nr. 10: Katharina an Georg Wilhelm, Stockholm, 9. Juli 1622; Nr. 12: Georg Wilhelm an Katharina, Berlin, 29. Okt. 1622; Nr. 14: Katharina an Georg Wilhelm, Stockholm, 4. Okt. 1622.
  6. Ebenda, HA, Rep. 33, W 68, Die projektierte Moscowitische Heirath der Markgräfin Katharina betr.
  7. Krüner, S. 32-34.
  8. Ebenda, S. 31-33.
  9. Droysen, Johann Gustav: Der Staat des Großen Kurfürsten, in: Geschichte der preußischen Politik, 3. T., 1. Abt., Leipzig, 1870, S. 35.
  10. ZSTA Merseburg, HA, Rep. 33, Nr. W 65a, Vol, V, die zwischen Brandenburg und Polen der Siebenbürgischen Heirat wegen entstandenen Differenzen; ZSTA Merseburg, Geheimes Staatsarchiv, Rep. IX, Nr. 13/17: betr. die Vermählung der Prinzessin Katharina.
  11. I. Barta, I. T. Berend, P. Hanák: Geschichte Ungarns, Budapest 1971, S. 175-178.
  12. Krüner, S. 30-32.
  13. Ebenda, S. 30f.
  14. Ebenda, S. 33f.
  15. ZSTA Merseburg, HA, Rep. 33, W 60, Ehevertrag zwischen der Markgräfin Katharina von Brandenburg und Fürst Gábor Bethlen von Siebenbürgen.
  16. Ebenda, Geh. Staatsarch., Rep. XI, Nr. 255 a, Siebenbürgen Nr. 2,1, Weißenburg, 25. Dez. 1626.
  17. Ebenda, HA Rep. 33, Nr. W 69, Relation von der Vermählung.
  18. Krüner, S. 33.
  19. Droysen, S. 35.
  20. Gebauer, J.: Kurbrandenburg in der Krisis des Jahres 1627, Halle 1896, in: Hallesche Abhandlungen zur Neueren Geschichte, Bd. 33, S. VII.
  21. ZSTA Merseburg, Geh. Staatsarch., Rep. XI, Nr. 255 a, Siebenbürgen Nr. 2, Georg Wilhelm an Katharina, 16. Juli 1627.
  22. Barta, Berend, Hanák, S. 177f.
  23. ZSTA Merseburg, HA Rep. 33, W 80, Notifikation des Herzogs in Siebenbürgen..., 16. Juli 1626.
  24. Ebenda, Nr. W 76, Nr. 28, Katharina an Georg Wilhelm, 10. Juli 1627.
  25. Ebenda, Nr. W 80, Botschaft Katharinas, 23. Okt. 1627.
  26. Ebenda, Georg Wilhelm an Katharina, 2. Nov. 1627; Ebenda, Georg Wilhelm an Katharina, 3. Mai 1628.
  27. Ebenda, Nr. W 76, Nr. 33, 34: Katarina an Georg Wilhelm, 30. März 1628.
  28. Ebenda, Nr. W 80, Katharina an Georg Wilhelm, 19. Aug. 1629.
  29. Ebenda, Georg Wilhelm an Katharina, 14. Nov. 1629.
  30. Ebenda, Nr. W 81, Bericht der Räte an Georg Wilhelm, 14. Sep. 1629.
  31. Ebenda, Erneuter Bericht der Räte, 18. Okt. 1629.
  32. Zieroty wird in dem obigen Bericht der kurfürstlichen Räte erwähnt.
  33. ZSTA Merseburg, HA, Rep. 33, Nr. W 81, Katharina an Georg Wilhelm, 7. Okt. 1629.
  34. Ebenda, Georg Wilhelm an Katharina, Königsberg, 31. Dez. 1629.
  35. Ebenda.
  36. Siebenbürgische Chronik des Schäßburger Stadtschreibers Georg Kraus 1608 - 1665, Hrsg. v. Ausschuß des Vereins für Siebenbürgische Landeskunde, 1. T., Wien 1862, = Fontes Rerum austricarum, 1. Abt., 3. Bd., 1. Theil.
  37. ZSTA Merseburg, HA, Rep. 33, Nr. W 68, Die Moscowitische Heirath der Markgräfin Katharina ... betr.
  38. Ebenda, Nr. W 74, Das Ableben der Herzogin von Sachsen-Lauenburg, Katharina... betr.

Prof. Dr. habil. Helga Schultz